Leitprinzipien

Konzentration des Stoffes auf mathematische Grundideen

In Anbetracht der begrenzten Unterrichtszeit konzentriert sich das Projekt auf stufenübergreifende mathematische Grundideen, auf denen das Verständnis beruht und die damit das Lernen erleichtern. Das gilt auch schon für den Kindergarten und die Grundschule, was bei der Dominanz der Pädagogik auf diesen Stufen leider oft übersehen wird.
Die Mathematik wird im Projekt Mathe 2000 als lebendige „Wissenschaft von (schönen und nützlichen) Mustern“ aufgefasst. Wichtig für das Lernen sind aber nicht die fertigen Muster sondern die Prozesse, die zur Erkenntnis von Mustern führen. Daher wird dem spielerischen Erforschen, Fortsetzen, Verändern und Erfinden von Mustern breiter Raum gegeben. Beide Aspekte von Mathematik kommen dabei zu ihrem Recht: der „reine“ Aspekt, bei dem es auf innermathematische Beziehungen ankommt und bei dem die Ästhetik schöner Muster die entscheidende Rolle spielt, sowie der „angewandte“ Aspekt, bei dem Bezüge zur Realität und die Lösung praktischer Probleme im Vordergrund stehen. Der „reine“ Aspekt ist kein Luxus, sondern muss gerade um der Anwendungen willen gepflegt werden.
Da äußere „Verpackungen“ welcher Art auch immer das Fach verfälschen und die richtige Einstellung zum Fach behindern, wird im Projekt  bewusst auf die intrinsische Motivation gesetzt. Kinder haben von klein auf ein ursprüngliches Verhältnis zu Zahlen und Formen. Daher kann die Motivation für mathematische Aktivitäten bereits in der Frühförderung aus der Mathematik selbst geschöpft werden.

Aktiv-entdeckendes und soziales Lernen

Wissen ist "keine vorgefertigte Sache" (Jean Piaget), die von Lehrpersonen an die Lernenden "vermittelt" werden kann, sondern das Ergebnis einer konstruktiven Aufbauleistung, die von den Lernenden selbst ausgehend von ihrem Vorwissen im sozialen Kontakt mit der Lehrperson und anderen Lernenden erbracht werden muss. Aktives Lernen schließt die Förderung der Selbstverantwortung der Lernenden für ihre Lernfortschritte ein. Aufgabe der Lehrperson ist es daher, „herausfordernde Anlässe zu finden und anzubieten, ergiebige Arbeitsmittel und produktive Übungsformen bereitzustellen und vor allem eine Kommunikation aufzubauen und zu erhalten, die für alle Lernenden förderlich ist“ (Lehrplan Grundschule NRW 1985).

Grundlegendes, produktives und automatisierendes Üben

Das Üben ist für den Lernerfolg von ausschlaggebender Bedeutung. Daher muss aus guten Gründen den Löwenanteil des Unterrichts einnehmen. Die Breite der heutigen Zielsetzungen des Unterrichts erfordert verschiedene Übungstypen. Das zweibändige Handbuch produktiver Rechenübungen, das Hauptwerk von Mathe 2000, hat auf diesem Gebiet Maßstäbe gesetzt.
Grundlegende Übungen dienen dazu den neuen Stoff mit dem Vorwissen fest zu verankern. Sie sind wichtig für den Aufbau von Verständnis.
Wichtige Basiskompetenzen müssen nach verständnisvoller Grundlegung intensiv geübt und automatisiert werden, damit sie für das weitere Lernen sicher und schnell verfügbar sind. Im Projekt wird daher großer Wert auf die Basiskurse Zahlen, Größen und Formen gelegt, die gleichzeitig als Diagnose- und Förderinstrumente dienen.
Produktive Übungen zeichnen sich dadurch aus, dass inhaltsbezogene Kompetenzen mit allgemeinen Kompetenzen verbunden werden.

Förderung von Kindern mit unterschiedlichen Voraussetzungen im gemeinsamen Unterricht

Die üblichen Methoden der („inneren“ und „äußeren“) Differenzierung bestehen darin, Kindern mit unterschiedlichen Voraussetzungen unterschiedlich schwierige Aufgaben zu einem Thema zuzuweisen. Es gibt Unterrichtswerke, bei denen die Kinder je nach Lernstand unabhängig voneinander Heftchen für Heftchen abarbeiten. Durch diese falsch verstandene Form von „Individualisierung“ werden aber nicht nur die Bildungsstandards verfehlt, auch soziales Lernen wird verhindert, obwohl es erklärtes pädagogisches Ziel der Schule ist. Im Projekt Mathe 2000 wird ein grundsätzlich anderer Weg der Differenzierung beschritten: Die im Projekt entwickelten Lernumgebungen für produktives Üben sind vom Grundsatz her so konzipiert, dass Kinder einer Lerngruppe mit unterschiedlichen Voraussetzungen und Interessen gemeinsam damit arbeiten können und gleichwohl individuell gefördert werden (natürliche Differenzierung).

Systemische Qualitätssicherung

Im Projekt Mathe 2000 wird die Auffassung vertreten, dass Lernkontrollen umso förderlicher sind, je organischer und „unsichtbarer“ sie in den Unterricht eingebaut sind. Wesentliches Element dieser systemischen Qualitätssicherung ist ein überlegter fachlicher Aufbau, der das Verständnis fördert. Dadurch ist gewährleistet, dass die Lernenden für die Bearbeitung von Aufgaben gut vorbereitet sind, dass sie fortwährend Rückmeldungen darüber erhalten, was sie schon können und was sie noch lernen müssen. Indem die Lehrperson das in einer guten Fachstruktur enthaltene Feedback zur Lernkontrolle verstärkt, leistet sie die beste Hilfe zur Selbsthilfe.
Das systemische Denken prägt auch die Beziehungen des Projekts zur Praxis. Während der Entwicklungsarbeit wird der Standpunkt der Praxis eingenommen. Die Rückmeldungen von Lehrerinnen und Lehrern werden geschätzt und ausdrücklich gesucht, ihre Erfahrungen in die Arbeit einbezogen. Das Projekt steht daher in Distanz zur heutigen Bildungspolitik, soweit diese „von oben nach unten“ nur anordnet und Rückmeldungen aus der Praxis ignoriert.