21. Symposium mathe 2000: Anschauungsmittel und Lernmaterialien

Samstag, 01.10.2011

Bereits Comenius bezeichnete es in seiner „Großen Didaktik“ als „goldene Regel“ für die Lehrenden „alles wo immer möglich den Sinnen vorzuführen“, die er „als treueste Sachwalter des Gedächtnisses“ sah. Das Vertrauen in Anschauungsmittel stieg in der Folgezeit noch weiter. Das 19. Jahrhundert gilt in der Pädagogik sogar als „Jahrhundert der Anschauung“.

Heute sehen wir Anschauungsmittel und Lernmaterialien kritischer. Wir wissen, dass sie nicht selbst-erklärend sind, sondern dass der Umgang mit ihnen gelernt werden muss, was Zeit erfordert und daher eine sorgfältige Auswahl nahelegt.

In den Hauptvorträgen und Workshops sollte der Blick für einen „kritisch-konstruktiven“ Einsatz von Anschauungsmitteln und Lernmaterialien in allen Phasen des Lernprozesses und allen Kompetenzbereichen geschärft werden.

Die beiden Hauptvorträge wurden gehalten von Dipl. math. Margret Schmassmann (Mathematiklabor Zürich, CH) und Prof. em. Dr. Dr. h. c. Erich Ch. Wittmann (TU Dortmund). Zudem wurden Workshops zu unterschiedlichen Themenschwerpunkten angeboten.

Hauptvorträge

Dipl. math. Margret Schmassmann (Mathematiklabor Zürich, CH)
Gestütztes Üben - eine Brücke zwischen konkret und abstrakt

Prof. em. Dr. Dr. h. c. Erich Ch. Wittmann (TU Dortmund)
"Verachtet mir die Plättchen nicht!" - Operative Beweise in der Grundschule

Workshops

Dr. Uta Häsel-Weide (TU Dortmund)
Zahlen sehen - Anschauungsmittel zum Aufbau von Zahlvorstellungen nutzen

Tobias Huhmann (TU Dortmund)
Inter-Netzzo – Im Kopf unterwegs zwischen Netzen, Schachteln und Würfeln. Eine Lernumgebung (nicht nur) zur Förderung der (Raum-)Vorstellung

Dr. Silke Ladel (PH Karlsruhe)
Gezielter und sinnvoller Computereinsatz im Mathematikunterricht der Grundschule

Miriam Lüken (Leibniz Universität Hannover)
Kinder auf dem Weg zur Erfassung der Struktur von Anschauungsmaterialien

Günther Röpert (Rimbach / Odenwald)
Rechnen mit Fingern passend zum Zahlenbuch 1 und als Ergänzung zu den Materialien des Projektes mathe 2000

Karlheinz Seefeld (Thalmässing)
Arbeit mit Zahldarstellungen am SMART Board

Prof. Dr. Christoph Selter (TU Dortmund)
Darstellungsmittel von Klasse 0 bis 10

Dr. Elke Söbbeke & Anke Steenpaß (Universität Duisburg-Essen)
Deutungsaufgaben zu Anschauungsmitteln

Beate Sundermann (Studienseminar Bochum & TU Dortmund)
„So rechne ich! Wie rechnest du?“ – Eigene Rechenwege mit ‚Forschermitteln’ entwickeln und dokumentieren

Anne Westermann (Studienseminar Dortmund & TU Dortmund)
Falten, Schneiden, Legen – und was dann?

Prof. Dr. Bernd Wollring (Universität Kassel)
Tangrams – Illustrationen zu eigenen und klassischen Geschichten, Eigenproduktionen aus Kindergarten, Schule und Studium

Prof. em. Dr. Heinrich Besuden (Universität Oldenburg)
Geometrie mit Winkelplättchen

Prof. Dr. Dagmar Bönig und Bernadette Thöne (Universität Bremen)
Geometrie in Bilderbüchern – Lernangebote für den Kindergarten und den Anfangsunterricht

NEU: Für Erzieher/innen und Lehrer/innen, die an der Kooperation von Kindergarten und Grundschule arbeiten, wurden die folgenden Workshops eingerichtet:

Prof. em. Dr. Gerhard N. Müller (TU Dortmund)
Greifen und Begreifen, Legen und Überlegen - Workshop zur geometrischen Frühförderung

Ina Herklotz (Grundschule Roßtal, Mittelfranken)
Zählen oder rechnen? Kinder entwickeln Strategien zur strukturierten Anzahlerfassung

 

Hauptvorträge

Dipl. math. Margret Schmassmann (Mathematiklabor Zürich, CH)
Gestütztes Üben - eine Brücke zwischen konkret und abstrakt

Erkunden von mathematischen Inhalten anhand von Anschauungsmitteln und Lernmaterialien und formales Üben sind zentrale Elemente des Mathematikunterrichts.

Gestütztes Üben verbindet diese Pole: Mit konkreten Materialien oder an bildhaften Darstellungen können alle Schülerinnen und Schüler, auch solche mit Lernschwierigkeiten Vorstellungen von Zahlen und Operationen aufbauen, Rechenwege entdecken und üben, Ergebnisse überprüfen und allmählich automatisiert abrufen. Aber nicht jedes Hantieren mit Plättchen, jeder Umgang mit Bildern zu einer Rechnung ist gestütztes Üben.
Im Referat wird reflektiert,
- welche Kriterien Anschauungsmittel und Lernmaterialien erfüllen sollen und wie sie zum Üben eingesetzt werden,
- welche Schwierigkeiten sich dabei zeigen können und welche Hilfestellungen wichtig sind,
- wie Abstraktionsprozesse und formales Üben durch gestütztes Üben angebahnt werden können.

Prof. em. Dr. Dr. h. c. Erich Ch. Wittmann (TU Dortmund)
"Verachtet mir die Plättchen nicht!" - Operative Beweise in der Grundschule

In der Einschätzung vieler Eltern, Kinder und wohl auch nicht weniger Lehrerinnen und Lehrer sind Plättchen eine Lernhilfe, deren längere Nutzung als Zeichen von Lernschwäche gilt. Mit diesem Vorurteil, das auch auf ein unzureichendes Bild von Mathematik schließen lässt, muss man gründlich aufräumen. Tatsächlich sind Plättchen ein wunderbares (und im Übrigen uraltes) Medium, um mathematische Muster handlungsorientiert zu erforschen, zu beschreiben und zu begründen. Im Vortrag wird dies an Beispielen aus den Bänden 1 - 4 des neuen Zahlenbuchs aufgezeigt.


Workshops

Dr. Uta Häsel-Weide (TU Dortmund)
Zahlen sehen - Anschauungsmittel zum Aufbau von Zahlvorstellungen nutzen

Tragfähige Zahlvorstellungen sind die entscheidenden Voraussetzungen für flexibles Rechnen. Entsprechend wird gerade in der Schuleingangsphase großer Wert auf den Aufbau von Zahlvorstellungen gelegt – doch welche Aktivitäten mit welchen Materialien sind wirklich geeignet?In dem Workshop werden zentrale Aktivitäten an ausgewählten Anschauungsmitteln diskutiert, die den Aufbau von tragfähigen Zahlvorstellungen ansprechen. Dies meint die Einsicht in zentrale mathematische Strukturen (z.B. Zehner & Einer, Kraft der Fünf) auf der einen Seite, aber auch die flexible Deutung von Strukturen und Darstellungen auf der anderen Seite.Die Aktivitäten an Materialien ermöglichen allen Kindern eine sichere Basis für ein Denken mit und zwischen Zahlen: Dadurch werden beispielsweise zählend rechnende Kinder zu alternativen Einsichten angeregt, während zugleich leistungsstarke Kinder herausgefordert sind, Zahlbeziehungen darzustellen, zu begründen und fortzuführen. Über gemeinsames Arbeiten der Kinder einer Klasse wird der Austausch untereinander und über Zahlen gefördert.

Tobias Huhmann (TU Dortmund)
Inter-Netzzo – Im Kopf unterwegs zwischen Netzen, Schachteln und Würfeln. Eine Lernumgebung (nicht nur) zur Förderung der (Raum-)Vorstellung

Geht es um die Entwicklung und Förderung der Raum-Vorstellung, so wird für die Handlungsebene stets betont, durch geeignete Aufgabenstellungen Verbindungen zu schaffen – von der Geometrie in der Ebene in die Geometrie des Raumes, sowie umgekehrt – von der Geometrie des Raumes in die Geometrie der Ebene.

Für die Vorstellungsebene hingegen lässt sich beobachten, dass diese Forderung weit weniger konsequent verfolgt wird: Werden Aufgabenstellungen, die losgelöst von konkret durchzuführenden Handlungen auf der Vorstellungsebene bearbeitet werden sollen, überhaupt raum-vorstellend bearbeitet? Ermöglichen bzw. legen derartige Aufgabenstellungen Vorgehensweisen in beide Richtungen nahe? Wie viel Raum-Vorstellung benötigt man tatsächlich für Raumvorstellungs-Aufgaben?

Letztlich verbergen sich hinter diesen Fragen Anforderungen an das Design einer Lernumgebung: Welche Raumvorstellungsaufgaben erfordern tatsächlich Raum-Vorstellung?

Bezogen auf die Thematik Netze und Körper bedeutet dies: Das Design der Aufgabenstellungen muss gewährleisten, dass 1. Lernende überhaupt im Kopf falten und 2. Vorgehensweisen des Zusammen- und Auseinanderfaltens nachhaltig motiviert werden.

Die neu entwickelte Lernumgebung Inter-Netzzo verfolgt diese beiden Ziele. Im Rahmen dieses Workshops erhalten die TeilnehmerInnen Gelegenheit zur eigenen Erprobung und Analyse der Aufgabenstellungen. Dabei sollen die beiden folgenden Fragen bearbeitet werden und Einblicke in das Potenzial der Lernumgebung ermöglichen:

- Welche kognitiven Anforderungen werden durch die Aufgabenstellungen an die Lernenden gestellt?
- Welche prozess- und inhaltsbezogenen Kompetenzen werden gefördert?

Dr. Silke Ladel (PH Karlsruhe)
Gezielter und sinnvoller Computereinsatz im Mathematikunterricht der Grundschule

Im häuslichen Bereich nutzen über 40% der Kinder zwischen 6 und 13 Jahre Lernprogramme. Auch im Mathematikunterricht der Grundschule stellt der Einsatz von Lernprogrammen - neben der Internetnutzung - einen zentralen Einsatzbereich des Computers dar. Dabei ist der Computer ebenso wie die traditionellen Medien lediglich ein Hilfsmittel des Lernens und die eingesetzte Lernsoftware sowie Internetseiten müssen somit denselben Ansprüchen genügen wie andere „herkömmliche“ Arbeitsmittel. Es stellt sich nun die Frage, was der Computer für die Entwicklung eines mathematischen Verständnisses beitragen kann. Wie kann der Computer gezielt und sinnvoll im Unterricht eingesetzt werden?
Diese Fragen werden wir nach einem kurzen theoretischen Input gemeinsam im Workshop diskutieren. Wir werden Kriterien zur Auswahl guter Software erörtern sowie aktuelle Software und ausgewählte Internetseiten im Hinblick auf einen "kritisch-konstruktiven" Einsatz im Mathematikunterricht betrachten. Hierbei stehen v.a. die verschiedenen Darstellungsformen und deren Verknüpfung im Vordergrund.

Miriam Lüken (Leibniz Universität Hannover)
Kinder auf dem Weg zur Erfassung der Struktur von Anschauungsmaterialien

Mathematische Anschauungsmaterialien sind nicht selbsterklärend – das wissen wir Lehrer seit langem. Ihre Struktur kann nicht durch einfaches Hinschauen erfasst werden, sondern muss wie jeder Schulstoff erlernt werden. Dies fällt einigen Kindern leichter als anderen.Im Workshop soll zunächst theoretisch erarbeitet werden, welche Muster und Strukturen in mathematischen Anschauungsmaterialien für das weitere Mathematiklernen von Bedeutung sind. An Beispielen von starken und schwächen Schulanfängern sollen dann Schwierigkeiten und Hürden in der Strukturerfassung aufgezeigt werden. Schließlich werden konkrete Übungen zur Unterstützung und Förderung der kindlichen Mustererkennungs- und Strukturierungsfähigkeit vorgestellt und ausprobiert.


Prof. em. Dr. Gerhard N. Müller (TU Dortmund)
Vom Würfelbild zum Millionbuch

Wer kennt nicht die "zählenden Rechner"? Im Kindergarten und im Anfangsunterricht sind deshalb Übungen zum Strukturieren wichtiger als reine Anzahlbestimmungen. Mit "Sieben auf einen Blick" wird zunächst ein neues Material mit Spielen vorgestellt, das dabei hilft, das Kind auf dem Weg vom "zählenden Rechnen" zum "rechnenden Zählen" zu begleiten. Im Programm "mathe 2000" wird diese strukturierte ganzheitliche Zahlauffassung mit dem Zwanzigerfeld, dem Hunderterfeld, dem Tausender- und Millionbuch konsequent fortgeführt und bildet das Fundament für ein verständnisvolles algebraisches Rechnen. Im Workshop soll die Rolle und der Einsatz dieser Anschauungsmittel im Unterricht genauer thematisiert und diskutiert werden.

Günther Röpert (Rimbach / Odenwald)¨nth
Rechnen mit Fingern passend zum Zahlenbuch 1 und als Ergänzung zu den Materialien des Projektes mathe 2000

Die ersten mathematischen Entwicklungsschritte der Kinder sind an den Gebrauch der Finger gebunden. Die Finger liefern dem Gehirn Sinneseindrücke über die Augen und den Körpersinn. Diese intensivere Wahrnehmung wird nur zum Vorteil, wenn sie bewusst gesteuert wird. Ohne Anleitung neigen manche Kinder dauerhaft zum „zählenden“ Fingerrechnen.

Im Workshop wird ein Fingerrechenkurs vorgestellt und praktisch erprobt, der sich an der Blitzrechenkartei 1 orientiert und in Ergänzung zu weiteren Materialien (Zwanzigerfeld, Wendekarten, Insektenkarten) von mathe 2000 eingesetzt wird. Schwerpunkte des Kurses sind das Zählen mit den Fingern (vorwärts, rückwärts, in Schritten), die „strukturierte Anzahlerfassung“ und die Zahlzerlegung. Die Addition wird dann wie im Zahlenbuch 1 über die Verdoppelung eingeführt. Von den „Stützpunkten“ Verdoppelung und „Kraft der Fünf“ werden weitere Rechenaufgaben abgeleitet. Durch den schrittweisen Aufbau eines „inneren Fingerbildes“ wird die Loslösung des Rechnens mit den Fingern angebahnt. Alle Übungen des Fingerrechenkurses werden anschließend mit Wendeplättchen am Zwanzigerfeld, mit der Blitzrechenkartei und Materialien aus dem Frühförderprogramm fortgeführt und vertieft.

Karlheinz Seefeld (Thalmässing)
Arbeit mit Zahldarstellungen am SMART Board

In seiner Aufgabenbeschreibung für die Entwicklung einer „mathe2000 Galerie“ digitaler Standarddarstellungen mathematischer Objekte schreibt Erich Christian Wittmann im April 2010: „Die Mathematik ist eine quasi- empirische Wissenschaft, da sich mathematische Objekte so darstellen (repräsentieren) lassen, dass man sie wie reale Objekte experimentell untersuchen kann. [...] Die SMART Board Technologie ermöglicht heute eine ideale Umsetzung dieses Prinzips und eröffnet dem Unterricht neue Wege.“

Die verwendeten Materialien müssen die mathematischen Grundideen verkörpern. Dem Lehrenden fällt die Aufgabe zu, sich im Sinne des „weniger ist mehr“ auf eine kleine Anzahl von Standarddarstellungen zu beschränken. Die Fülle von Möglichkeiten des Mediums darf ihn nicht zu einer Vielzahl von kleinschrittigen Variationen für die jeweiligen Einsatzgebiete verleiten.
Gefordert ist das Ausloten des Spannungsfeldes zwischen:

- weniger ist mehr und den vielfältigen visuellen Möglichkeiten im Einsatz mit dem SMART Board;
- den in der täglichen Arbeit universell einsetzbaren und die Schüler auch feinmotorisch herausfordernden Arbeitsmitteln wie Plättchen, Wendekarten ... und der sich in den Vordergrund drängenden medialen Technik;
- eigenaktivem und selbstentdeckendem Lernen und einem lehrgangsgesteuerten und kleinschrittigen Vorgehen;
- Vereinfachung der Anschauung und der dem Überangebot geschuldeten Fülle von Reizen.

Im Workshop wird es neben einer Demonstration der vielfältigen Möglichkeiten des Umgangs mit Zahldarstellungen am SMART Board im Mathematikunterricht der Grundschule auch um die Integration des neuen Mediums in eine offene, die Eigenaktivität der Schüler fördernde Lernumgebung gehen. In diesem Sinne fällt auch einem gezielten und intensiven „Handlingtraining“ eine wesentliche Rolle zu. Nur so ist zu gewährleisten, dass das Board in seiner Funktion als sinnvolles und praktikables Werkzeug für die Schüler wirksam werden kann.

Prof. Dr. Christoph Selter (TU Dortmund)
Darstellungsmittel von Klasse 0 bis 10

Lernen ist immer ein Weiterlernen, auf bereits Gelerntem aufbauend und noch zu Lernendes vorbereitend. In langfristiger Perspektive sollen daher – dem Spiralprinzip folgend – die Grundideen des Faches über die Schuljahre hinweg schlüssig entwickelt werden. Dabei werden wenige grundlegende Darstellungsmittel verwendet, die diese Grundideen besonders prägnant verkörpern. Im Workshop soll erarbeitet werden, was das genau für den Unterricht bedeutet. Insbesondere soll thematisiert werden, wie die zentralen und bekannten Darstellungsmittel der Grundschule auf Darstellungsmitteln der Vorschule aufbauen und wie sie in der Sekundarstufe I weiterentwickelt und dort weiter genutzt werden können.

Dr. Elke Söbbeke & Anke Steenpaß (Universität Duisburg-Essen)
Deutungsaufgaben zu Anschauungsmitteln

Anschauungsmittel - wie Plättchen, das Zwanziger- oder Hunderterfeld, das Tausenderbuch oder der Zahlenstrahl - begegnen Kindern im Mathematikunterricht und in ihren Schulbüchern meist von Schulbeginn an. Diese Darstellungen oder Materialien werden vielfach verwendet, um mit den Kindern Zahlvorstellungen und Operationsvorstellungen aufzubauen und sie beim Rechnen zu unterstützen. Obwohl Kinder Anschauungsmittel in ihrem Schulalltag somit vielfach benutzen, zeigen Untersuchungen in klinischen Interviews sowie Berichte von Lehrerinnen und Lehrern aus der Schulpraxis, dass für Kinder vielfach die konkreten Merkmale einer Darstellung im Vordergrund stehen. So akzeptiert beispielsweise ein Kind an einem Zahlenstrahl keine Zehnersprünge, weil dann von ihm die Zahlen „zwischen den Zehnern (z.B. 11-19)“ nicht gesehen werden können. Aber wie kann mit Grundschulkindern das „Sehen“ und Verstehen abstrakter Strukturen in den konkreten Materialien überhaupt thematisiert und gefördert werden?Hierzu sollen in dem Workshop nach einer kurzen Einführung, interessante Schülerbeispiele präsentiert sowie Aufgaben vorgestellt und diskutiert werden, die das Entdecken und Nachdenken über Strukturen in Anschauungsmittel zum Thema machen. Des Weiteren bieten die Aufgaben reichhaltige Möglichkeiten zum notwendigen Austausch zwischen den Kindern und mit der Lehrkraft über Strukturen in Anschauungsmittel und in der Mathematik. Gemeinsam mit den teilnehmenden Lehrerinnen und Lehrern sollen Umsetzungsmöglichkeiten und Gesprächsimpulse für die verschiedenen Unterrichtsphasen (Einstieg, Arbeits- & Reflexionsphase) diskutiert werden.

Beate Sundermann (Studienseminar Bochum & TU Dortmund)
„So rechne ich! Wie rechnest du?“ – Eigene Rechenwege mit ‚Forschermitteln’ entwickeln und dokumentieren

Auf der einen Seite stehen die individuell unterschiedlichen Lernstände und Lernmöglichkeiten der Schülerinnen und Schüler. Auf der anderen Seite macht der Lehrplan in Form von Kompetenzerwartungen Vorgaben dazu, was die Kinder im Unterricht lernen können sollen.Dieser Workshop befasst sich am Beispiel des Themas 'Halbschriftliches Subtrahieren im Zahlenraum bis 1000' anhand von Dokumenten aus dem Unterricht damit, wie es im Sinne des 'Ich-Du-Wir-Prinzips' gelingen kann, die Schülerinnen und Schüler ausgehend von ihren unterschiedlichen Lernständen so zu fördern, dass ihre Vorgehensweisen zunehmend eleganter, effizienter und weniger fehleranfällig werden. Besondere Aufmerksamkeit wird dabei darauf gelegt, wie Darstellungsmittel und andere sog. ‚Forscher- mittel’ genutzt werden können, um die Kinder bei der Entwicklung und bei der Dokumentation von Rechenwegen zu unterstützen.

Anne Westermann (Studienseminar Dortmund & TU Dortmund)
Falten, Schneiden, Legen – und was dann?

Im Mathematikunterricht der Grundschule sollen die Alltagserfahrungen der Kinder aufgegriffen und zu grundlegenden mathematischen Kompetenzen weiter entwickelt werden. „Auf diese Weise wird die Grundlage für das Mathematiklernen in den weiterführenden Schulen und für die lebenslange Auseinandersetzung mit mathematischen Anforderungen des täglichen Lebens geschaffen“. (LP Mathematik NRW, S.55).

Die Standards der Kernlehrpläne für die Sekundarstufe knüpfen an entsprechende Anforderungen in der Grundschule an. Insofern ist es gut zu wissen, welchen wesentlichen Beitrag der Mathematikunterricht in der Grundschule bereits für den Aufbau zentraler fachbezogener Kompetenzen leistet und welche propädeutische Bedeutung grundschulgemäße Aufgabenstellungen z.B. für das Verständnis der Algebra haben. Die verbindende Leitidee für alle Schulformen ist hierbei das Grundprinzip „Muster und Strukturen“. Im Workshop wird an ausgewählten Unterrichtshinhalten und Dokumenten aus dem Unterricht aufgezeigt, wie sich innerhalb der Grundschulzeit und darüber hinaus mathematische Kompetenzen unter Beachtung dieser Leitidee kontinuierlich weiter entwickeln können. So können sich die Teilnehmer u.a. durch praktisches Tun vergegenwärtigen, wie einfachste Falt- und Legeübungen aus dem ersten Schuljahr bereits den Grundstein für das Verständnis des Satzes von Pythagoras legen.

Prof. Dr. Bernd Wollring (Universität Kassel)
Tangrams – Illustrationen zu eigenen und klassischen Geschichten, Eigenproduktionen aus Kindergarten, Schule und Studium

In diesem Workshop geht es um Tangrams im Mathematikunterricht: Wir kennzeichnen verschiedene Tangrams geometrisch und arithmetisch und zeigen, wie Tangrams mit Kindern zu planen und händisch herzustellen sind, edle gefaltete Einzelstücke und praktische geschnittene Großserien. Daraus entstehen Bildgeschichten mit Tangram- Figuren, die sich bewegen und sich verwandeln. Wir spiegeln, drehen, verschieben, vergrößern und verkleinern Tangram-Figuren und illustrieren damit kleine erfundene Geschichten und klassische Texte, etwa aus Märchen. Die eigenen Eigenproduktionen vergleichen wir mit denen aus Kindergärten und Grundschulen (und mit denen von Kollegen). Wir beziehen diese Gegenstände und Aktivitäten auf die Bildungsstandards zur Mathematik für die Grundschule, beim Konstruieren auf „Raum und Form“, beim Rechnen mit Tangrams auf „Zahlen und Operationen“ und beim Messen von Längen und Flächen mit Tangrams auf „Größen und Messen“.

Prof. em. Dr. Heinrich Besuden (Universität Oldenburg)
Geometrie mit Winkelplättchen

Die bekannten Winkelplättchen – das sind die drei nichtkonvexen, also L-T-Z-förmigen Tetrominos – sind je dreifach in drei verschiedenen Farben als Arbeitsmaterial erhältlich.
Im Umgang damit können Schülerinnen und Schüler vielfältige Entdeckungen machen, wie auch umgekehrt viele Aufgaben mit ihnen realisiert werden können, vornehmlich zu den Themen Achsen- und Drehsymmetrie, darüber hinaus zu den Themen Bandornamente und Parkettierungen.
Im Workshop werden entsprechende Übungen vorgestellt, ausgeführt und diskutiert, unter den folgenden erkenntnisleitenden Fragestellungen:
- Können die Kinder selbständig damit arbeiten?
- Zeigen sich dabei "geometrieschwache" Kinder?
- Führen die Tätigkeiten auch zum vorstellenden visuellen Operieren?
- Welche Unterrichtsziele kann man beim Einsatz der Winkelplättchen erreichen, und wozu sind sie nicht geeignet?

Prof. Dr. Dagmar Bönig und Bernadette Thöne (Universität Bremen)
Geometrie in Bilderbüchern – Lernangebote für den Kindergarten und den Anfangsunterricht

Anschauungsmittel und Lernmaterialien erfüllen unterschiedliche Funktionen im mathematischen Lernprozess. Im Rahmen des Workshops wollen wir die Arbeit mit Bilderbüchern zur Diskussion stellen. Die über die Bilder entfalteten Geschichten liefern gerade für jüngere Kinder einen geeigneten sinnstiftenden Kontext für eine emotional positiv besetzte Auseinandersetzung mit Mathematik. Im Workshop stellen wir einige Bilderbücher vor, die geeignet sind, mit Kindern gemeinsam Geometrie zu entdecken. Wie dies im Kindergarten und Anfangsunterricht konkret geschehen kann, wollen wir gemeinsam diskutieren. Diese Vorschläge werden wir durch unsere Erfahrungen aus eigenen Erprobungen anreichern.

Ina Herklotz (Grundschule Roßtal, Mittelfranken)
Zählen oder rechnen? Kinder entwickeln Strategien zur strukturierten Anzahlerfassung

Anhand der Anschauungsmaterialien „Würfelbilder“ und „Tierkarten“ aus dem ZAHLENBUCH-Frühförderprogramm wird erarbeitet, wie das strukturierte Zählen bereits im Elementarbereich angeregt und im Anfangsunterricht weiter gefördert werden kann. Die Erfahrungen in der Praxis zeigen, dass dieser Weg den Aufbau additiver Zählstrategien („rechnendes Zählen“) unterstützt.